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Was ist eigentlich Verkehrstherapie?
Wie erfolgreich ist die IVT-Hö®?
Wie gut sind andere Massnahmen im Vergleich?
Wann kann ich eine IVT-Hö® Massnahme beginnen?
Kann schon ein Gericht eine IVT-Hö® Massnahme anerkennen?
Nach welchen Paragraphen kann eine IVT-Hö® Massnahme berücksichtigt werden?
Dr. German Höcher und Petra Höcher haben mit der IVT-Hö®
(IVT-Hö = Individualpsychologische Verkehrs-Therapie Höcher)
die Verkehrs-Therapie 1979 in Deutschland begründet und sind bis heute
als Lizenzgeber für den allgemeinen Rahmen aller, z.Zt 20 IVT-Hö®-Institute
verantwortlich. Die IVT-Hö® war bis Ende 1984 das einzige verkehrstherapeutische
Institut (mit einem wissenschaftlichen Programm) in Deutschland.
Eine Verkehrstherapie ist eine eigenständige Form des verkehrspsychologischen
Coachings und eine neue Form der Psychotherapie, die sich durch ihre besondere
Klientel und den besonderen Rahmen von Gericht, Begutachtungsstelle und Fahrerlaubnisbehörde
deutlich von den bisherigen Formen der Psychotherapie und des Coachings unterscheidet.
Die Verkehrstherapie der IVT-Hö® umfasst kurzfristige Maßnahmen
(z.B. ein Intensivseminar mit 40 Stunden innerhalb einer Woche), mittelfristige
Maßnahmen (etwa 3 Monate) und Langzeitmaßnahmen (6 Monate und
mehr). Sie ist tiefenpsychologisch fundiert und zielt auf tiefgreifende und
weitreichende Veränderungen.
Bereits in acht Bundesländern unterstützen die für den Verkehr
zuständigen Ministerien durch Runderlasse an sämtliche Fahrerlaubnisbehörden
Projekte der IVT-Hö®, insbes. die externe Erfolgskontrolle der Langzeitrehabilitation
der IVT-Hö®. In NRW wird das Modell IVT-Hö®
und seine wissenschaftliche Begleitforschung seit 1986 durch den Runderlass
III c 2-21-08/5 des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand, Energie
und Verkehr unterstützt.
Die Forschung über die Wirksamkeit der Langzeitrehabilitation der IVT-Hö®
wurde als Forschungsprojekt von 1986 bis 1993 durch die Bundesanstalt für
Straßenwesen wissenschaftlich begleitet. Nach erfolgreichem Abschluss
dieser ersten und zweiten Zeitstufe (nur 3,6 % Rückfälligkeit in
den ersten drei Jahren nach Wiedererteilung der Fahrerlaubnis) leitet nunmehr
Prof. Dr. Echterhoff (Projektbüro der Univ. Wuppertal), der von 1976
bis 1994 in der Bundesanstalt für Straßenwesen tätig war,
die externe Erfolgsüberprüfung in größeren Zeitstufen
(5 & 10 Jahre).
Der externe Evaluator Prof. Dr. Echterhoff wird unterstützt durch den
wissenschaftlichen Beirat der IVT-Hö®: u.a. durch den namhaften Verkehrs-juristen
Dr. H. J. Bode, Vors. Richter am LG Hildesheim a. D. und durch Prof. Dr. W.
Schneider, vormaliger Direktor des MPI des TÜV Rheinland. Sein Abschlußbericht
an das Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand, Energie und Ver-kehr
in NRW ergab 1997/ 1998::
a) 99 % der Klienten erhalten nach Abschluss der IVT-Hö-Maßnahme ein positives BfF-Gutachten und die Fahrerlaubnis wieder.
b) Nur 6,4 % der alkoholauffälligen Kraftfahrer, die an einer IVT-Hö® Langzeitrehabilitation teilgenommen haben, fallen in den ersten 5 Jahren nach Wiedererlangung der Fahrerlaubnis wieder mit Alkohol auf.
[Quelle: W. Echterhoff (1998): Legalbewährung von alkoholauffälligen
Kraftfahrerinnen und Kraftfahrern fünf Jahre nach Abschluss der Verkehrstherapie
IVT-Hö. Qualitätskontrolle einer Langzeitrehabilitation in Nordrhein-Westfalen.
Z. f. Verkehrssicherheit, 44 (1998) 113-116 = ZVS 98, 113]
Älter als die IVT-Hö®-Kurse sind nur die sog. Nachschulungskurse
(jetzt: Aufbauseminare). Hier werden 14 Gruppenstunden in 4-6
Wochen bzw. 24-28 Gruppenstunden in 7 Wochen durchgeführt. In der Erfolgs-Bewertung,
die durch die Bundesanstalt für Straßenwesen begleitet wurde, erzielte
das erfolgreichste Nachschulungsmodell folgendes Ergebnis:
19,6 % der Teilnehmer wurden in den ersten fünf Jahren nach Abschluss des Kursus wieder im Straßenverkehr mit Alkohol auffällig.
In der Kontrollgruppe (gleiche Delikte, aber ohne Kursus) wurden 26,9 % innerhalb von fünf Jahren wieder im Straßenverkehr mit Alkohol auffällig.
[Quelle: W.-R. Nickel (1996): Nachbetreuung in der Praxisphase des Modells LEER. Plädoyer für eine sachliche Auseinandersetzung Stellungnahme zu BRIELER in diesem Heft. Z. f. Verkehrssicherheit, 42, 7-10 = ZVS 96, 7]
Die IVT-Hö®-Langzeitmaßnahme, bei der 5 Jahre nach Abschluss
nur 6,4 % wieder mit Alkohol auffällig wurden, erreicht also ein erstaunlich
gutes Ergebnis. Dabei sind gerade in diese Untersuchungsgruppe überwiegend
Kraftfahrer mit 2, 3, 4 und mehr Promille aufgenommen worden. Der allergrößte
Teil ist zuvor in einem negativen Gutachten einer BfF als nicht fähig
zur Teilnahme an einem sog. Nachschulungskurs (jetzt: Aufbauseminar,
Kurs nach § 70 FeV) abgelehnt worden. Bei solchen Klienten wäre
gerade auch eine höhere und nicht eine niedrigere Rückfallquote
als 19,6 % zu erwarten gewesen.
Eine IVT-Hö®-Maßnahme beginnt im Idealfall bereits etwa
bei frühzeitigem Hinweis durch einen erfahrenen Verkehrsrechtsanwalt
unmittelbar nach dem Delikt, also nicht erst nach dem Gerichtstermin
oder gar erst nach dem BfF-Gutachten am Ende der Fahrerlaubnis-Sperre. (Dies
gilt für Trunkenheits-, Drogen- oder allgemeinrechtliche Delikte, Fahrten
ohne Fahrerlaubnis, Mehrfachauffälligkeiten mit Punkten,
Aggressiondelikten etc.).
Dagegen muss bei Nachschulungskursen (nach § 70 FeV) zuerst in der Regel
am Ende der Sperre ein Gutachten einer BfF abgewartet werden, das darüber
zu entscheiden hat, ob eine Kursfähigkeit oder Kursunfähigkeit vorliegt.
Ein Gericht (bzw. eine Verkehrsbehörde) kann eine IVT-Hö®-Teilnahme
frühzeitig z.B. bereits beim Gerichtstermin entscheidend
berücksichtigen: Aufgrund des Verhaltens nach der Tat und aufgrund der
wissenschaftlich nachgewiesenen Senkung der Rückfallwahrscheinlichkeit
auf 3,6 % in den zukünftigen 3 Jahren bzw. 6,4 % in 5 Jahren bestehen
nunmehr weniger Zweifel daran, ob der Kraftfahrer geeignet ist. Die Verhängung
und die Dauer der Sperrfrist, die Maßregel und keine Strafe
ist, hängen ja ausschließlich von der Ungeeignetheitsprognose ab
(BGHSt 7, 168 u. 15, 397, BGH VRS 11, 425). Der Zweck der Maßregel (Sicherung
des Straßenverkehrs und Besserung des Kraftfahrers) kann auch schon
durch die bisherige Teilnahme und zukünftige Fortsetzung der IVT-Hö-Maßnahme
(als Auflage) erreicht sein. Seit 1999 kann nach der neuen Fassung des §
153a Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 StPO bei Teilnahme an einem Aufbauseminar als Auflage
das Strafverfahren sogar eingestellt werden.
Seit 1980 sind IVT-Hö®-Maßnahmen in zahlreichen Urteilen gerichtlich
gewürdigt worden: Verkürzung der Sperrfrist; Strafminderung; vorzeitige
Aufhebung oder vorzeitige Abkürzung der Sperre auf die Mindestfrist;
Fortsetzung der IVT-Hö®-Maßnahme als Bewährungsauflage
und bei mehrfach auffälligen Kraftfahrern mit mehr als 18 Punkten
(keine Alkoholdelikte) Ablehnung des Sofortvollzugs einer Fahrerlaubnisentziehung
und einstweilige und im Ergebnis endgültige Belassung der Fahrerlaubnis
bei der Auflage einer Fortsetzung der Maßnahme der IVT-Hö®
trotz negativen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung:
OVG Münster, Urteil v. 19.09.89, NZV 90, 127 u. NZV 92, 10 (Rechtsanwalt
L. Mahlberg).
Eine Urteils-Liste, die auch andere vergleichbare Maßnahmen einbezieht,
ist zu finden bei:
Klaus Himmelreich (1997): Auswirkungen von Nachschulung und Therapie bei Trunkenheitsdelikten im deutschen Strafrecht. Deutsches Autorecht, 66, 465-470 (= DAR 97, 465, hier: Fn. 1).
Ausführliche Informationen zu den Möglichkeiten einer rechtlichen Würdigung von Verkehrstherapien, die von alkohol-, drogen-, allgemein strafrechtlich oder von mehrfachauffälligen Kraftfahrern vor dem Gerichtstermin oder aber in der Sperrfrist begonnen werden, und außerdem zu dem Aachener Kooperationsmodell von 1996 (auf Wunsch des Straßenverkehrsamts Aachen und der Aachener Begutachtungsstelle für Fahreignung des TÜV Rheinland/ Berlin-Brandenburg ist von der IVT-Hö Aachen ein Kurzzeittherapiemodell im Umfang von 10 Einzeltherapiestunden innerhalb eines Monats (bis max. drei Monate) mit verwaltungsrechtlichen Vorteilen für mehrfachauffällige Kraftfahrer (mit mindestens 18 Punkten) durchgeführt worden) finden sich in:
Arndt Himmelreich (1998): Verkehrstherapie - kurz oder lang? In: Jahrbuch
Verkehrsrecht 1998. Hg. v. Klaus Himmelreich, Düsseldorf 1998, S. 175-217.
Die Paragraphen des StGB, nach denen eine gerichtliche Würdigung einer
IVT-Hö®-Massnahme möglich ist, sind der § 69 Abs. 2 StGB
i.V. m. § 69a Abs. 1 und 4 StGB (Verkürzung der Sperrfrist), §
46 Abs. 2 StGB (Verhalten nach der Tat) und § 69a Abs. 7 StGB (Vorzeitige
Aufhebung oder Abkürzung der Sperre). In der Dokumentation zum Verkehrsgerichtstag
2002 empfiehlt Oskar Riedmeyer (Blutalkohol Vol. 39/2002 S. 208-214) die vermehrte
Anwendung der Möglichkeiten des § 153a Abs. 1 Nr. 5 StPO (Einstellung
gegen Teilnahme an Massnahme), des § 56c Abs. 2 Nr. 1 StGB (Bewährungsauflage)
und ebenfalls den § 69a Abs. 7 StGB.
(Autor: Arndt Himmelreich)